Ich belichte ja grundsätzlich schon überlegt. Da ich aber zuletzt - in einem Anflug von Ideenlosigkeit - meine alten Kameras abgelichtet habe, hielt ich plötzlich auch eine schöne Alte Kamera ohne Belichtungsmesser in der Hand.
Eine Contaflex der ersten Generation
Meine Contaflex funktioniert ohne Verschußhänger - wie meine Diva - die Bessamatic. Sie hat halt keinen Belichtungsmesser, wie meine anderen.
Gleichzeitig kam dieses Wochenende eine wunderschöne Revue Auto S22 bei mir an. Der Belichtungsmesser geht nur zeitweise. Woran es liegt? - Keine Ahnung.
Also sollte ich mir vielleicht einen Belichtungsmesser anschaffen?
Ich fand in einer groß angelegten Dachboden-Ausräum-Aktion zwei schöne Bücher der 60er Jahre über Fotografie. Da wurde ein bisschen über das Belichten ohne Belichtungsmesser geschrieben.
Es gab also mal eine Zeit, da wurde fotografiert ohne den Belichtungsmesser zu aktivieren, da man keinen hatte. Es gab sogar mal eine Zeit, da standen auf den Filmen richtige belichtungswerte für entsprechende Lichtsituationen. Vielleicht sollte ich mich auch mal dran halten?
"HALT STOPP!!!" werden jetzt einige Zeitgenossen rufen. Die Belichtung muss schon richtig eingestellt sein, und warum soll man den die Belichtung schätzen, wenn´s recht billig auch schon Belichtungsmesser in der Bucht gibt. „Ich habe immer einen kleinen Belichtungsmesser dabei…“ – „ auf meiner Kamera habe ich einen kleinen Aufsteckbelichtungsmesser…“ usw...
Da habt Ihr alle Recht. Aber jetzt habe ich vom Belichtungsmessen ohne Belichtungsmesser gehört und werde es ausprobieren. Die Grundregel gibt schon einigen Anlass zu Missverständnissen: „Wenn die Sonne lacht, nimm Blende acht“ – soll bedeuten, bei strahlendem Sonnenschein und einer Belichtung von 125 (Bei einer Filmempfindlichkeit von 100 ASA) soll man die Blende acht nehmen. STOPP!! Da kommt die Sunny 16 – Regel ums Eck geschossen: laut dieser sollte man bei den oben genannten Bedingungen die Blende 16 nehmen.
Was tun?
Ich habe mich für die Sunny Sixteen-Regel entschieden.
Die Foren laufen bei diesem Thema Sturm. Aber ich entscheide mich für die Blende 16, da ich analog meist nur Schwarz/Weiß fotografiere. Der S/W-Film verzeiht schon mal die eine oder andere Blende Fehlbelichtung.
Also gehe ich ab sofort folgendermaßen vor:
Ich werde versuchen, Lichtsituationen so oft wie möglich zu schätzen, danach (auch wenn ich digital unterwegs bin) werde ich Messen – falls was zum Messen dabei ist. Und dann sehe ich ja, wie nah ich am Ergebnis bin.
Folgende einfachen Regeln soll es geben:
Voraussetzung: Die ASA Zahl entspricht dem Umkehrwert der Belichtungszeit:
100 ASA = 1/100 (1/125)
200 ASA =1/200 (1/250)
400 ASA=1/400 (1/500)
Und jetzt geht´s los:
Bei klarstem Wetter - Sonnenschein, Mittags:
Blende F16 ; Zeit: 1/125
Bei leichter Bewölkung, Dunst
Blende F -1 Das bedeutet, entweder ich gehe bei der Zeit um einen Belichtungswert runter oder bei der Blende. Also
Blende F16 ; Zeit 1/60
oder
Blende F 11; Zeit 1/152
Bei starker Bewölkung: F-2
Bei Regen und dunklen Wolken: F-3
usw.
Probieren werde ich es auf jeden Fall mal.
Digital ist es ja klar, da werde ich mich natürlich auf meinen Belichtungsmesser verlassen und dementsprechend über oder unterbelichten. Bei diesem Bild habe ich übrigens ziemlich unterbelichtet. Die grüne Hecke kam dadurch so schön schwarz raus.
Ich finde es auf jeden Fall sehr interessant, dass es Richtlinien zum richtigen Belichten ohne Belichtungsmesser gibt.
Hier kommen jetzt alle Werte wie ich sie nutzen möchte / werde als Beispiel habe ich einen 400 ASA Film genommen, denn dann bleiben die langen Zeiten noch einigermaßen nachvollziehbar. In Klammern habe ich nur Beispiele einer möglichen Belichtung geschrieben. Diese Zeiten können jedoch durch das verändern der Blendenwerte um je eine Stufe auch wieder geändert werden. Ich sehe das System der Änderung mithilfe von Blendenwerten als ziemlich idiotensicher an, da man die Belichtung so ändern kann, dass immer das gewünschte Ergebnis dabei rauskommt.
-
Hellster Sonnenschein harte
Schatten:0 (f16; 1/500)
-
Sonnig etwas flau, deutliche
Schatten: -1 (f16; 1/250)
- Leicht bewölkt, doch hell, weiche Schatten: -2 (F16; 1/125)
- Bedeckt, kein Sonnenschein, keine Schatten: -3 (f16; 1/60)
- Sehr Wolkig Motive kontrastlos:-5 (f16; 1/30)
- Regenwetter, Morgengrauen, Dämmerung: -6 (f11; 1/30)
- Neonlicht, Spotbeleuchtung: -7
- Großflächig beleuchtete Hallen oder Flächen: -8
- Innenräume mit Tageslicht von außen: -9
- Straßenbeleuchtung bei Nacht:-10
- Noch schwächeres Licht/Nachtaufnahmen:-11
Wer andere Ideen zu diesem Thema hat, kann mir gerne Bescheid geben. Ich lass mich auf jeden Fall überraschen.
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Mario (Mittwoch, 30 März 2016 21:12)
Hi Jürgen,
ich habe mich vor einiger Zeit von der digitalen Photographie abgewendet und mache mir seitdem, wenn ich analog photographiere, viele Gedanken darüber wie ich denn nun zu den ergebnissen komme die ich vor meinem geistigen Auge habe.
Als analoger Photograph muss man das Licht ''fühlen'' und es zu seiner 2ten Natur machen.
Ich denke dein System hilft sehr dieses Gefühl zu entwickeln.
Ich werde einige S/W Filme nach deinem System belichten und bin gespannt was sich daraus bei mir entwickeln wird.
Danke für die Inspiriation!
Mit bestem Gruß
Mario
Jochen Busch (Montag, 13 September 2021 09:02)
Hallo!
Ich benutze schon lange sunny16 oder den ultimativen Belichtungscomputer http://www.fredparker.com/ultexp1.htm Habe bei Kameras ohne Beli zwar immer einen Handbeli dabei, aber eigentlich überwiegend, um meine Schätzung zu bestätigen.
Was Mario über Licht fühlen sagt, ist vollkommen richtig. Dementsprechend korrigiere ich auch immer die Messung - auch mit der Digi. Wenn ich es z.B. als gleissend hell empfinde (, obwohl es garnicht heller ist als sonst), dann gebe ich 1/2 bis 1 Blende zu, und wenn es dunkel ist, dann muss man natürlich knapper belichten, damit es im Bild auch dunkel aussieht.
Gruß
Jochen