Was schreibt man über eine Dame, über die schon so viel geschrieben wurde?
Vielleicht sollte ich hier weniger auf die technischen Raffinessen dieser Mittelformatkamera eingehen, sondern vielmehr auf die Beziehung zu ihr.
Jeder kennt diese Spielzeugkamera, die eigentlich entwickelt wurde um den Chinesen günstige Fotografie zu ermöglichen. Und wie so oft im Leben, kam dann alles ganz anders... . Denn sie kam dort gar nicht so gut an wie erwartet, bis einige besondere Menschen auf sie aufmerksam wurden und ihre Fehler schamlos ausnutzten. Sie wurde bekannter und berühmter, weil Studenten sie in die Hand gedrückt bekamen, damit jeder die gleichen Startvoraussetzungen (oder besser Starthürden) hatte. Viele hassten sie, wegen ihrem Unvermögen und ihrer Fehler, aber einige begannen sie langsam ins Herz zu schließen, wegen dem Charme, den die Kamera über die Bilder zog.
Ja stimmt die Holga kann eigentlich nix richtig gut oder besser gesagt, sie kann nix. Aber ist sie da in unseren Händen nicht an der richtigen Adresse?
Sie wird sehr oft in die negative Lomography-Ecke geschoben. Das bedeutet, ganz viele Analog-Fotografen mögen die Lomography Vermarktung nicht sehr gerne. Für teures Geld wird schlechte Qualität verkauft. Hier geht es nur ums Geschäft und viele weitere Argumente, die mich an frühere Diskussionen zum Thema "digital vs. analog" erinnern. Meine Meinung zu diesem Thema ist: "Mir ist es eigentlich sch...egal ob jemand digital, analog, künstlerisch, natürlich fotografiert, ob jemand Natur, Landschaft, Stil, People oder Schnapschüsse macht. Ich freue mich über jeden, der fotografiert und mit dem ich mich über dieses Thema unterhalten kann. Deshalb schaue ich auch öfters auf der Lomography Seite vorbei, habe jedoch noch nichts dort gekauft, aber dort habe ich Lust auf eine Holga bekommen. Ich habe mittlerweile einige Holga-Bilder gesehen, die einen wunderbaren Charme haben.
Die Holga hat zwei Belichtungszeiten ca. 1/100 vielleicht sind es nur 1/60 und Bulb und sie arbeitet mit zwei Blenden einmal Sonne und einmal bewölkt. Außerdem finden sich des öfteren ein paar Lichtlecks. Und die Linse ist ein einziges Desaster. Der Begriff Vignette ist eigentlich zu nett für diese Randabschattung und die enormen Unschärfe in den Ecken.
Aber genau diese Eigenschaften verhalfen diesem Klotz zu unerhörter Berühmtheit.
Meine Dame ist schwarz und die ersten beiden Filme waren ein Desaster. Nach dem ersten Film – absolut verwackelt – war ich gefrustet. Die Holga wanderte also wieder in den Schrank und wurde - zur Strafe - für ein paar Wochen vergessen. Dann irgendwann holte ich sie wieder raus und stellte fest, dass ich die Schieberegler falsch verstanden habe. Beim zweiten Film war ich nicht in der Lage diesen sch… besch… verf…. 120er Film auf die Spule zu bekommen (Hitze, Sommer, schweißige Hände…) ich habe aufgegeben und mir nun voller Wut endlich einen Paterson Entwicklungstank gekauft. Den Tipp habe ich von Chris und Moni von absolut analog.
Also immer noch keine Ergebnisse…
Irgendwie sollten wir zwei - Die Frau Holga und meine Wenigkeit - keine Freunde werden. Und nun haben alle Recht, die auf diesen billigen Plastikklotz einfach nur sch... finden. "Ist halt einfach nur schlechte Qualität und wer sich das antut... ."
Wieder bekam sie also eine Strafe: Hausarrest!
Aber irgendwann rief sie nach mir und ich gab ihr eine neue Chance:
Sie wurde also wieder mit einem 400 Farbfilm geladen. Dieses Mal habe ich genau darauf geachtet,
- ja nicht den Bulb-Modus zu aktivieren, denn wenn der aus Versehen aktiviert ist: Unscharfe und verwackelte Bilder - will man nicht haben
- und auf jeden Fall die richtige Filmgröße einzustellen, denn wenn keine rechteckige Maske drin ist und die falsche Filmgröße eingestellt ist, dann überlappen die Bilder - will man ja auch nicht haben
- und auf jeden Fall den Deckel vom Objektiv wegnehmen, denn sonst ist nichts drauf auf dem Film - will man nicht haben
- wenn irgendwie möglich, das Fokussieren mittels Symbolen nicht vergessen, sonst - nicht verwackelt, aber unscharf - will man nicht haben.
- und auf jeden Fall weiterdrehen nach dem Drücken des Auslösers, denn sonst bekommt man unerwartete Mehrfachbelichtungen - will man auch nicht unbedingt haben - außer man will es gerade haben...
Der belichtete Film wurde also im Drogerie-Markt (ja Drogerie-Märkte entwickeln auch 120er Rollfilm) abgegeben und gewartet ...
Und jetzt passierte etwas mystisches, fast schon magisches:
Ich hatte vergessen anzukreuzen, dass ich Bilder will und bekam deshalb nur Negative (mit Bilder kostet das ganze nur 1,20 € mehr, dafür habe ich einen ersten Eindruck meiner Ergebnisse). Also Negative kurz in der Sonne vorscannen und ich kam dann zu dem Schluß: Ja da könnte was dabei sein.
Also schnell nach Hause und scannen.
Und da war es:
Ich nenne es einfach mal das Holga-Wunder!
Es gab Ergebnisse, die gut waren (mit dabei mein kleiner Sohn, beim Sprung ins Plantschbecken - mit der sensationellen Holga-Optik - zeige ich euch jedoch hier nicht - sorry).
Und das ist wahrscheinlich diese Holga-Magie: Man muss einiges investieren, Zeit, Geld, Film, Geduld ... . Und wenn nach langer Zeit was rauskommt, dann freut man sich wie ein kleines Kind. Also das klassische Analog-Feeling nur nochmal potenziert.
Was mir übrigens nicht passiert ist:
- das Rückteil fiel nicht ab
- ich habe keine Light-Leaks
aber was nicht war, kann ja noch kommen.
Fazit:
Die Holga ist keine qualitativ hochwertige Kamera. Sie wird geliebt oder gehasst. Sie ist für mich ein wunderbares Spielzeug, die fast ein bisschen wie ein Überraschungsei ist:
Die Schokolade schmeckt irgendwie doch, es ist einfach spannend und die Inhalte/Ergebnisse lassen einen schmunzeln und manchmal kommt auch bei einem Überraschungsei irgendetwas raus, was man behält, weil es irgendwie cool ist.
Ich habe meine leichte Holga auf jeden Fall geladen im Auto dabei und werde sie weiterhin einsetzen und freue mich schon auf spannende Schwarz/Weiß Bilder mit ihr.
Ach so:
Eine technische Zusammenfassung spare ich mir in diesem Zusammenhang.
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