Und da ist sie, die Neue!
Es ist wieder mal eine aus dem Hause Quelle und zwar, eine Revueflex SD-1. Über diese Kamera gibt es relativ wenig Verwertbares im Netz zu finden. In Foren wird sie auch nicht für voll genommen, wobei da alles was von Revue ist als Schrott bezeichnet wird.
Ich kann das so grundsätzlich nicht unterschreiben, denn neben meiner Revue Auto S22, die qualitativ und haptisch ein Traum ist, habe ich noch eine Revue 4, die ihrer russischen Zwillingsschwester, der Fed4 nachempfunden wurde. Diese habe ich derzeit noch nicht ausführlich getestet, wobei die ersten Kontakte mit ihr doch sehr interessant waren.
Revue ist die Hausmarke des Versandhauses Quelle. Warum gab es solche Hausmarken?
Für Kameras gab es in Deutschland noch sehr lange eine Preisbindung. Die Kamerahersteller legten einen Verkaufspreis fest - und an den mussten sich alle Händler halten. Damit konnte Quelle also die Einkaufsvorteile, die mit den riesigen Einkaufsmengen eines großen Versandhauses entstanden, nicht an seine Kunden weitergeben um durch günstigere Preise noch mehr Marktanteile zu holen. Die Idee "Hausmarke" entstand. Foto-Quelle ließ bei einem Kamerahersteller ein Sondermodell bauen, aufbauend auf einer Standardkamera wurden ein paar Details geändert und fertig war das Revue Hausmodell - für das es keine Preisbindung gab, und welches Foto-Quelle seinen Kunden ganz besonders günstig anbieten konnte. Für den Namen Revue hatten viele namhafte Kamera-Hersteller produziert: Praktica, Chinon, Yashica, Zenit, Mamiya, Cosina…
Revueflex wurde der Name für Spiegelreflexkameras unter dem Label Revue. Im Katalog der Foto-Quelle vom Jahr 1981 gab es die Revueflex SD-1 als Sonderangebot für unglaubliche 239,- DM
Eigentlich wurde sie hergestellt von Chinon, einem japanischen Kamerahersteller.
Chinon verkaufte in Deutschland seine Produkte überwiegend über das Versandhaus Quelle unter der Eigenmarkte Revue bzw. Revueflex. Ebenso handhabten es der schweizer Kamerahersteller Alpa sowie Agfa.
Die Revueflex SD-I entspricht der Chinon CS-4. Sie ist schwarz und ziemlich klein (unmerklich größer als die Minolta XD-7 oder die Olympus OM1). Die Größe ist sehr angenehm, sie liegt sehr gut in der Hand und fühlt sich wertig an. Sie hat zwar ein leichtes Achtziger-Plastik-Flair, aber es ist noch nicht unangenehm. Der Sucher ist in Ordnung, könnte zwar noch etwas größer sein, wobei er im Vergleich zu den derzeitigen Suchern immer noch in Ordnung ist. Der obligatorische Schnittbildindikator ist natürlich auch vorhanden. Das zugehörige Objektiv ist ein Standardobjektiv 'Auto Revuenon 1.9/50mm, mit einer Naheinstellgrenze von 0,45 m. Mit dabei war noch ein 135er 'Auto Revuenon 2.8 und ein Auto Revuenon 2.8/28mm-Objektiv.
Auffällig ist eine kleine rote Leuchte die beim Auslösen leuchtet. Das ist ein nettes, aber absolut unsinniges Gimmick. Na ja, dafür hat sie keinen Selbstauslöser (was etwas sinnvoller gewesen wäre).
Auch sehr interessant ist der gekuppelte Belichtungsmesser. Gemessen wird bei Arbeitsblende, das bedeutet ein Hebel wird nach oben gedrückt, die Kamera geht in den Belichtungsmodus, stellt die eingestellte Blende ein und misst das vorhandene Licht. Um ein Zitat aus der Kinderzeit der 80er-Jahre zu bemühen - frei nach dem Kinderfernsehklassiker „1, 2, oder 3“: „Ob die Blende recht hat oder nicht sagt dir nun das Licht“… leuchtet nun eine der drei LEDs am Sucher auf. Die obere rote Leuchte leuchtet auf bei Überbelichtung, die untere rote LED leuchtet bei Unterbelichtung und die mittlere grüne LED leuchtet bei richtiger Belichtung. – Wow, die 80er-Technik war schon ausgefuchst…
Das Ganze (Belichtungsmessung und deren Anzeige) wird mit Strom aus zwei Knopfzellen SR44 mit 1,5V gespeist. Diese können sehr schnell leer werden, wenn aus Versehen der Belichtungshebel an ist. Jedoch sind die Batterien leicht zu besorgen.
Der mechanische Seiko Metall-Lamellen-Schlitzverschluss gibt ein unwahrscheinlich smoothes Auslösegeräusch von sich. Das was die Motoren bei Autofreaks sind, sind die Auslösegeräusche bei den Kameras. Und dieses ist ein elegantes, und auch ein wunderbar unaufdringliches Auslöseschnurren.
Fazit:
Es ist handelt sich hier um keine High-End-Kamera, aber ein schönes 80er-Jahre Stück mit unwiderstehlichen Charme, ein handschmeichelndes Leichtgewicht mit schönem Standard-Objektiv und umfangreicher Ausstattung. Ich habe diese Kamera derzeit in meiner Kameratasche und freue mich darauf sie die nächste Zeit zu benutzen.
Ich bin auf jeden Fall gespannt auf die Ergebnisse, die da raus kommen.
Technische Zusammenfassung:
Objektive - „Auto Revuenon“:
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Christian Klammer (Samstag, 30 Mai 2020 21:53)
Ist das jetzt schlimm, wenn ich davon vier Stück und eine Revueflex AC1 noch dazu ... ?
Jürgen (Mittwoch, 03 Juni 2020 13:12)
Schlimm eigentlich nicht... Sehr schön... Viele Spaß beim Fotografieren.
Burkhard Otto Ay (Samstag, 04 Februar 2023 19:33)
Ein Klasse Beitrag über die Kamera
Habe mit Ihr das fotografieren gelernt mit Blende und Zeit,sehr robust,funktionierte bei jedem Wetter.